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Die Türen, Vorhänge, Oberflächenbilder, Scheiben usw. sind vielleicht Gleichnisse einer Verzweiflung über das Dilemma, dass zwar unser Sehen uns die Dinge erkennen lässt, dass es aber gleichzeitig die Erkenntnis der Wirklichkeit begrenzt und partiell unmöglich macht.

Notiz 1971, 1971 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Was hat Dich veranlasst, Dir ein Bild aus dem 15. Jahrhundert zur Vorlage zu nehmen und eine Sequenz nach Tizians Verkündigung [WVZ: 343/1-2, 344/1-3]zu malen?
Weil mich bei diesen wie bei allen Bildern ein bestimmter Aspekt reizt, nämlich dass sie „gut‟ sind (wenn sie gut sind) und zwar unabhängig von ihrer damaligen aktuellen Wirkung, von ihrem Anlass und von ihrer Story. Ihre Motivation kenne ich ja meist gar nicht, sie haben also eine Qualität an sich; Goethe nannte das, glaube ich, die „wesende Proportion‟, die Kunstwerke zu Kunstwerken macht.

Interview mit Gislind Nabakowski 1974, 1974 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Wenn die ,Abstrakten Bilder‘ meine Realität zeigen, dann zeigen die Landschaften oder Stilleben meine Sehnsucht.

Notizen 1981, 1981 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Natürlich haben auch gegenständliche Bilder diese transzendentale Seite; weil jeder Gegenstand als Teil einer im Letzten, Ersten, Grundsätzlichen unverständlichen Welt diese auch verkörpert, zeigt er im Bilde dargestellt um so eindringlicher alle Rätselhaftigkeit, je weniger ,Funktion‘ die Darstellung hat. Daher kommt die immer stärker werdende Faszination z. B. so vieler alter schöner Bildnisse.

Text für Katalog documenta 7 1982, 1982 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Meine Bilder sind gegenstandslos; wie Gegenstände sind sie selbst Gegenstände. Somit sind sie inhaltslos, bedeutungs- und sinnlos wie Gegenstände oder Bäume, Tiere, Menschen oder Tage, die da sind ohne Grund und Zweck und Ziel. Um diese Qualität geht es. (Trotzdem gibt es gute und schlechte Bilder.)

Notizen 1984, 1984 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

… Landschaften oder Stillleben male ich zwischen den abstrakten Arbeiten. Sie machen etwa ein Zehntel meiner Produktion aus. Einerseits sind sie nützlich, weil ich gern nach der Natur arbeite – obwohl ich natürlich ein Foto benutze –, weil ich glaube, dass jedes Detail aus der Natur eine Logik hat, die ich auch in der Abstraktion sehen möchte. Andererseits ist das Malen nach der Natur oder Stilllebenmalen eine Ablenkung und schafft einen Ausgleich. Ich könnte auch sagen, die Landschaften sind eine Art Sehnsucht, Sehnsucht nach einem unbeschädigten, schlichten Leben. Ein bisschen nostalgisch. Die abstrakten Arbeiten sind meine Gegenwart, meine Wirklichkeit, meine Probleme, meine Schwierigkeiten und Widersprüche. Sie sind für mich sehr aktuell.

Interview mit Dorothea Dietrich 1985, 1985 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

In den Bomberbildern sehe ich eine kritische Stellungnahme zum Thema Krieg…
… ist es aber sicher nicht. Solche Bilder können gar nichts gegen Krieg ausrichten. Sie zeigen ja auch nur einen sehr kleinen Aspekt vom Thema Krieg – vielleicht nur meine kindlichen Gefühle von Angst und Faszination durch Krieg und solche Waffen.

Interview mit Sabine Schütz 1990, 1990 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Waren Sie von Duchamp beeinflusst, als Sie die Gemälde Frau, eine Treppe herabsteigend (1965) [WVZ: 92] und Ema (1966) [WVZ: 134] malten und als Sie Vier Glasscheiben (1967) [WVZ: 160] geschaffen haben?
Ich kannte Duchamp, und es gab sicherlich eine Beeinflussung. Es war vielleicht auch eine unbewusste Antihaltung. Denn sein Bild Akt, eine Treppe herabsteigend hat mich eher ein bisschen geärgert. Ich schätzte es sehr, aber ich konnte nicht akzeptieren, dass damit eine bestimmte Art zu malen erledigt war. Also habe ich das Gegenteil gemacht und einen ,konventionellen Akt‘ gemalt. Das lief aber, wie gesagt, sehr unbewusst, nicht strategisch. Und so war es mit den Vier Glasscheiben auch. Ich denke, irgend etwas hat mir bei Duchamp nicht gepasst, diese Geheimnistuerei, und deswegen habe ich diese einfachen Gläser gemalt und so ein Problem von Glasscheiben ganz anders gezeigt.

Interview mit Jonas Storsve 1991, 1991 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Wie kam es zu dem Wechsel zwischen figurativer und abstrakter Malerei?
Dafür gab es keinen speziellen Auslöser. Ich habe zuerst „Figuren‟ gemalt, bis ich eines Tages plötzlich angefangen habe, abstrakt zu malen. Dann habe ich beides gemacht. Es geschah aber nicht mit Vorsatz, sondern einfach nur aus Lust. Am liebsten würde ich noch mehr figurativ malen, aber gegenständliche Bilder sind schwieriger. Um diese Schwierigkeit zu überwinden, mache ich also eine Pause und male abstrakt. Das gefällt mir übrigens sehr, denn so gelingen mir schöne Bilder.

Gespräch mit Henri-François Debailleux 1993, 1993 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Worin liegt Ihres Erachtens nach die Schwierigkeit der figurativen Malerei?
Wenn ich abstrakt male, dann gelingt mir das mit einer quasi professionellen Geste. Bei den figurativen Bildern ist das unmöglich. Der Zufall wird hier nicht zugelassen. Es bedarf zudem bestimmter Bedingungen und eines bestimmten Blickwinkels, die man erst einmal finden muss, weil die Fotografie beide immer schon negiert hat. Außerdem versuche ich, wenn ich figurativ male, das Motiv so gut wie möglich auf die Leinwand zu übertragen. Das ist nicht einfach, aber notwendig, weil die Dinge, die uns umgeben, meist wahr, richtig oder sogar schön sind. Gemalt verlieren diese Dinge jedoch ihre Wahrheit. Deshalb muss man sie soweit schön „treiben‟, bis sie ansehnlich werden und man die Lust verspürt, sie zu betrachten. Dafür müssen sie so richtig sein wie ein Gesang.

Gespräch mit Henri-François Debailleux 1993, 1993 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Sie haben sich mit allen möglichen Sujets auseinandergesetzt: Stillleben, Landschaften, Portraits usw. Warum?
Weil sie uns umgeben. Wir brauchen sie alle. Meine Arbeit hat mit dem Versuch zu tun, etwas zu machen, was heutzutage verstanden werden kann oder zumindest zum Verständnis verhelfen kann, mit anderen Worten, das zu machen, was ich verstehe und was alle verstehen. Es ist eigentlich nichts anderes als das natürliche Bedürfnis nach Kommunikation, vergleichbar etwa mit anderen Tätigkeiten wie Lesen, Schreiben usw. Außerdem hasse ich es, mich zu wiederholen. Es macht mir keinen Spaß. Wenn ich etwas einmal verstanden habe, muss ich mich mit etwas Neuem beschäftigen.

Gespräch mit Henri-François Debailleux 1993, 1993 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Gibt es Sujets, die Sie nicht malen können?
Also ich glaube nicht, dass es Subjets gibt, die man nicht malen kann, aber für mich gibt es eine Menge, die ich nicht malen kann.

Ich habe nichts zu sagen, und ich sage es. Ein Gespräch zwischen Gerhard Richter und Nicholas Serota, Frühjahr 2011, 2011 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

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