Abstract Paintings

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Wenn wir einen Vorgang beschreiben, eine Rechnung aufstellen oder einen Baum fotografieren, schaffen wir Modelle; ohne sie wüssten wir nichts von Wirklichkeit und wären Tiere. Abstrakte Bilder sind fiktive Modelle, weil sie eine Wirklichkeit veranschaulichen, die wir weder sehen noch beschreiben können, auf deren Existenz wir aber schließen können.

Text für Katalog documenta 7 1982, 1982 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Wenn ich ein Abstraktes Bild (bei den anderen ist die Problematik nicht unähnlich) male, weiß ich weder vorher, wie es aussehen soll, noch während des Malens, wohin ich will, was dafür zu tun wäre. Deshalb ist das Malen ein quasi blindes, verzweifeltes Bemühen, wie das eines mittellosen, in völlig unverständlicher Umgebung Ausgesetzten – wie das von einem, der ein bestimmtes Sortiment von Werkzeugen, Materialien und Fähigkeiten besitzt und den dringenden Wunsch hat, etwas Sinnvolles, Brauchbares zu bauen, das aber weder ein Haus noch ein Stuhl noch sonst irgend etwas Benennbares sein darf, der also draufloshaut in der vagen Hoffnung, dass sein richtiges, fachgerechtes Tun letzlich etwas Richtiges, Sinnvolles zustande kommen lässt.

Notizen 1985, 1985 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Die Abstrakten Bilder sind nicht weniger beliebig als alle gegenständlichen Darstellungen (die auf einem x-beliebigen Motiv beruhen, das Bild werden soll), sie unterscheiden sich nur insofern, als ihr ,Motiv‘ erst während des Malens entwickelt wird. Sie setzen also voraus, dass ich nicht weiß, was ich darstellen will, wie ich beginnen sollte, und dass ich nur sehr unklare und stets falsche Vorstellungen von dem zu verbildlichenden Motiv habe – dass ich also, nur von Ignoranz und Leichtsinn motiviert, anzufangen in der Lage bin. (Das ,nur‘ steht für Leben!)

Notizen 1985, 1985 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Manchmal wirken Ihre abstrakten Bilder wie Landschaften. Suchen Sie in der Abstraktion erneut den Realismus?
Ich glaube, ich suche Genauigkeit. Mein Werk hat insoweit mit der Realität zu tun, dass ich möchte, dass es eine ähnliche Genauigkeit hat. Das schließt nachmalen aus. In der Natur stimmt immer alles: Die Struktur ist richtig, die Proportionen stimmen, die Farben passen zu den Formen. Wenn man das nachmalt, wird es falsch.

Interview mit Anna Tilroe 1987, 1987 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Sie haben 1976 angefangen, abstrakte Bilder zu malen, um etwas zu machen, dessen Erscheinung Sie sich vorher nicht vorstellen können. Sie haben damit also eine für Sie ganz neue Methode entwickelt. War das so etwas wie ein Experiment?
Ja. Das fing 1976 an mit kleinen abstrakten Bildern, die mir erlaubten, all das zu machen, was ich mir vorher verboten hatte: einfach willkürlich etwas hinzusetzen, um dann zu merken, dass es nie willkürlich sein kann. Dies geschah, um mir eine Tür zu öffnen. Wenn ich nicht weiß, was da entsteht, also kein festes Bild habe wie bei einem Foto, das ich abmale, dann spielen Willkür und Zufall eine wichtige Rolle.

Interview mit Sabine Schütz 1990, 1990 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Brechen Sie die Arbeit an abstrakten Bilder häufig ab?
Ja, das heißt, ich verändere sie viel mehr als die gegenständlichen. Es werden ja oft ganz andere Bilder, als geplant war.

Ich habe nichts zu sagen, und ich sage es. Ein Gespräch zwischen Gerhard Richter und Nicholas Serota, Frühjahr 2011, 2011 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

Sie haben also zunächst eine Idee im Kopf im Hinblick auf ein Bild, das Sie mit diesem speziellen Gemälde erzeugen wollen? Wie fangen Sie mit den abstrakten Bildern an?
Ach, der Anfang ist eigentlich sehr leicht, weil ich da ja noch ziemlich frei irgendetwas, eine Farbe, eine Form, setzen kann. Und so entsteht bald ein Bild, das auch eine Weile gut aussehen kann, so leicht und bunt und neuartig. Aber so was hält sich höchstens einen Tag, dann sieht es billig und falsch aus. Und dann beginnt die Arbeit – ändern, zerstören, neu entstehen lassen usw., bis es fertig ist.

Ich habe nichts zu sagen, und ich sage es. Ein Gespräch zwischen Gerhard Richter und Nicholas Serota, Frühjahr 2011, 2011 QUELLE
Gerhard Richter: Text. Writings, Interviews and Letters 1961–2007, Thames & Hudson, London, 2009, p. 14

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